Nachhaltige Ernährung im 21. Jahrhundert: 3. Ernährungstage 2014
Fachsymposium Ernährungstage 2014 – Teil 2

Aktuelle KErn-Studie legt Potenziale zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten offen
Die von Dr. Malte Rubach (KErn) und Gerold Hafner (Universität Stuttgart) im Detail vorgestellte Studie „Lebensmittelverluste und Wegwerfraten in Bayern“ zeigt, Erzeuger in Bayern schneiden im europäischen und weltweiten Vergleich gut ab. Mit Verlustraten von 3,4 % liegt die bayerische Landwirtschaft deutlich unter den weltweiten Verlusten. Die Lebensmittelverarbeitung, deren Verlustraten bei gerade einmal 1,5% liegen, weist nur ein geringes Potential für weitere Minimierungsansätze auf. Im Handel, dessen Verlustrate im bundesweiten Durchschnitt bei 3,3 % liegt, wird der Einsatz intelligenter Prognosesysteme diskutiert.

Am meisten Einsparungspotenzial scheint es auf Verbraucherseite zu geben, hier klaffen individuelle Einschätzung und tatsächliche Verlustraten extrem auseinander. Laut einer repräsentativen Umfrage des KErns gingen die befragten Personen bei eigener Einschätzung von einer Wegwerfmenge von 9 kg pro Person und Jahr aus, tatsächlich landen in Bayern jährlich 65 kg pro Einwohner im Mülleimer.

In der anschließenden Podiumsdiskussion "Wege zur verlustfreien Wertschöpfungskette" wurden die Studienergebnisse diskutiert. Ralf Meyer von der Evangelischen Stiftung Augusta sowie Dr. Heinz Schweer von der VION Zeven AG erläuterten ihre Ansätze im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung und der Fleischverarbeitung, die bereits heute zu weniger Lebensmittelverlusten beitragen.

Youtube Video: Wie viele Lebensmittel werden in Bayern weggeworfen? Aktuelle Studienergebnisse des StMELF: Externer Link

Zwischenbilanz "Zu gut für die Tonne"
Wie der Verbraucher ohne erhobenen Zeigefinger sensibilisiert und motiviert werden kann, wurde bei der Zwischenbilanz der Initiative „Zu gut für die Tonne“ erörtert. Dr. Marie-Luise Dittmar vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Christine Reitelshofer, Bezirksbäuerin aus Mittelfranken, wollen den erhobenen Zeigefinger durch Betroffenheit und Wiederherstellung eines Bezugs zu unserem Essen ersetzen. Sie verweisen auf die erfolgreiche Aktion „Erlebnis Bauernhof“, in der 55.000 Kinder mit ihren eigenen Sinnen erfahren durften, woher ihr Essen tatsächlich kommt. Dass eine intelligente und zielgruppenangepasste Form der Verbraucheraufklärung tatsächlich Früchte trägt, zeigt auch eine App zum Thema Lebensmittelverschwendung des Bundesministeriums. Bereits mehr als 600.000 Mal wurde das aufklärende kleine Programm bisher abgerufen – ein voller Erfolg also laut Dittmar.
Tischgespräch "Zeit, sich einzumischen: Essen wir ohne Verantwortung?"
Welche Rolle spielen Industrie und Verbraucher in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte bei Lebensmitteln und welche Kriterien sind im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte von besonderer Wichtigkeit? Zu diesem Themenkomplex diskutierten Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer vom Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“ und Dr. Gerd Leipold, ehemaliger Greenpeace-Chef und freier Berater, im Rahmen eines Tischgesprächs.

Geht es nach Leipold, lassen sich große Veränderungen nur durch Ansprache der großen Institutionen erzielen. Ebenso müsse der Handel seine Verkaufsstrategie überdenken, so Leipold, der konkret auf die Lebensmittelverschwendung in der Fleischproduktion und auf die Zusammenhänge von globaler Agrarwirtschaft und persönlichem Konsumverhalten hinwies. Stephan Becker-Sonnenschein thematisierte die Verantwortung der Lebensmittelindustrie, die strenge Haftungspflicht und die komplexen gesetzlichen Vorgaben und Auflagen in Produktion und Handel. Zudem wies Becker-Sonnenschein auf den sich aktuell vollziehenden Wandel von einer Bedarfs- zu einer Wunschgesellschaft hin.

Youtube Video: Tischgespräch: Zeit, sich einzumischen; Essen wir ohne Verantwortung? Externer Link

Denkwerk Zukunft – Nachhaltigkeit als wertgebender Faktor
Herausforderungen in der globalisierten Welt waren Thema von Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald von der Schweisfurth Stiftung. Mit seinem Beitrag "Zukunft findet auch auf unseren Tellern statt" fokussierte sich Gottwald auf Methoden und Fertigkeiten für eine lebenswerte Zukunft und forderte zu einer Wertediskussion in Sachen Nachhaltigkeit und deren Messbarkeit auf. Der Kulturwissenschaftler erläuterte u.a. den ökologischen Fußabdruck, den Carbon Footprint von Lebensmitteln, Lebenszyklus-Analysen zur Ermittlung von Zukunftsverträglichkeit und den "ökologischen Rucksack". Letzterer vergleicht beispielsweise vegetarische und fleischhaltige Mahlzeiten und rechnet sie in Kilogramm Tragegewicht um. Als wertgebende Bergriffe im Rahmen einer nachhaltigen Zukunft in der Ernährungswirtschaft sieht Gottwald die Schlagworte „Bio, Regional, Fair, Slow, Tiergerecht, Vegetarisch/Vegan.“

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Lebensmittelverschwendung – ein Thema für den Mittelstand?
Dr. Mathias Warwel von IREKS in Kulmbach, Brit Schulz-Lahmann von der Dussmann-Gruppe und Karl-Heinz Kuch von der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach debattierten mit Professor Gottwald und Moderator Werner Prill über die Aspekte und Herausforderungen für den Mittelstand. Das einstimmige Ergebnis der Debatte: ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Ernährungsbildung von Kindern und Jugendlichen sowie Mitarbeitern in der Gemeinschaftsverpflegung. Zudem sprachen sich alle Beteiligten dafür aus, dass zusätzlich zum staatlichen Bildungsauftrag auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände ihren Beitrag zur Senkung von Lebensmittelverlusten leisten müssen.

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