Zucker – Fakten statt Fehlinformation

Ein Glas voll Zuckerwürfel mit einem Strohhalm drin

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Mit Schlagzeilen wie „Zucker ist Gift für den Körper“ (1) oder „Zucker ist toxisch, er ist für unsere Kinder so schädlich wie Alkohol“ (2) werden die gesundheitlichen Nachteile von Zucker in vielen Internetartikeln betitelt und diskutiert. Neben den offiziellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es in der Laienpresse als auch von Industrieverbänden unterschiedliche Darstellungen, was den gesundheitlichen Aspekt von Zucker betrifft.

Während einige Veröffentlichungen gut recherchiert und neutral geschrieben sind, gibt es andere Stimmen die deutlich pro oder contra Zucker argumentieren. Fakt ist jedoch, dass es, wie so oft in den Ernährungswissenschaften, kein „Richtig oder Falsch“ gibt und das Thema differenziert betrachtet werden muss. Wie einst Paracelsus bereits sagte „Die Dosis macht das Gift“. Dies gilt auch für den Zuckerkonsum.

Was ist Zucker?

Unter Zucker versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch überwiegend den weißen Haushalts-zucker Saccharose. Neben diesem gibt es unter anderem noch weitere Formen wie Fruktose (Fruchtzucker), Lactose (Milchzucker), Glucose (Traubenzucker). In der Zuckerdiskussion geht es jedoch um den so genannten „freien Zucker“, der nicht von Natur aus in einem Lebensmittel vorkommt, sondern zugesetzt wurde.

Zuckerkonsum in Deutschland

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) stammt der Großteil der Zufuhr an freiem Zucker in Deutschland aus Süßwaren (36%), Fruchtsäfte und Nektare (26%) und Limonaden (12%). Eine hohe und häufige Zuckerzufuhr fördere die Entstehung von Übergewicht und Adipositas sowie zahlreiche mit Übergewicht assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen und die Entstehung von Karies. „Gesundheitsfördernd ist eine zuckerarme Ernährung“, so die DGE (3).

Um die Risiken ernährungsmitbedingter Krankheiten zu verringern, empfiehlt die WHO den Zuckerkonsum auf weniger als 10 % der Gesamtenergiezufuhr zu reduzieren. Bei einer Gesamtenergiezufuhr von 2 000 kcal/Tag entspricht diese Empfehlung einer maximalen Zufuhr von 50 g freiem Zucker/Tag (4). Der durchschnittliche tägliche Pro-Kopf-Konsum der Deutschen lag 2018/19 mit rund 95 g deutlich über der von der WHO empfohlenen Zufuhr (5). Um übermäßigem Verzehr entgegenzuwirken, befürwortet die WHO die Einführung einer weltweiten 20-prozentigen Zuckersteuer auf Getränke (6).

Zucker hat viele Namen

Mit dem erst kürzlich vom Infodienst der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker e.V. erschienenen Artikel „Gegen Lebensmittelpopulismus“ bezieht die deutsche Zuckerwirtschaft öffentlich Position für Zucker aus heimischen Zuckerrüben (7). In diesem will der Verband häufige Kritikpunkte von Zucker entkräften. Beispielsweise geht der Zuckerverband darauf ein, dass oft von „verstecktem Zucker“ gesprochen werde, den der Verbraucher in Lebensmitteln nicht erkennen würde. Er argumentiert dagegen, dass jedes Lebensmittel eine Nährwerttabelle besitze und Zucker als eigener Punkt in dieser aufgelistet sei.

Tatsächlich ist es in Deutschland gesetzlich klar geregelt, dass der enthaltene Zucker auf dem Lebensmittel deklariert sein muss (8). Allerdings schaut nur etwa die Hälfte der Verbraucher auf die Nährwertkennzeichnung, ein Drittel findet die Tabelle sehr kompliziert (9). Zudem sind in der Zutatenliste oft weitere, jedoch gleichbedeutende, Bezeichnungen wie Saccharose, Glukose-Fruktose-Sirup, Maltose, Fruchtzucker, Maissirup oder Dextrose zu finden, die laut der Verbraucherzentrale die Orientierung über den Zuckergehalt schwer machen (10). Allerdings weisen sogar herzhafte Fertigprodukte wie z.B. Tomatensoßen, Salatdressings oder Konserven oft einen hohen Zuckergehalt auf. In 120 g Tomatensoße können 4 Stück Zucker enthalten sein, was rund 12 g (11) entspricht. Für manche Lebensmittel kann dies zum Vorteil der Haltbarkeit zweifelsfrei erklärt werden, bei anderen ist die Frage nach der Notwendigkeit durchaus angebracht. Zucker ist ein günstiger Inhaltsstoff, nicht nur um Lebensmittel haltbarer, sondern auch schmackhafter zu machen.

Adipositas-Epidemie in Deutschland

Derzeit sind in Deutschland 47% der Frauen und 62% der Männer übergewichtig (12). Adipositas ist laut dem Robert Koch-Institut einer der Hauptgründe für mangelnde Gesundheit und seelisches Wohlergehen im 21. Jahrhundert (13). Die direkten Kosten der Folgeerkrankungen einer zu hohen und häufigen Zuckerzufuhr aus Mono- und Disacchariden wurden in Deutschland für das Jahr 2008 sogar auf 8,6 Mrd. Euro geschätzt (3). Auch die Politik will „die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas senken. Ein zentraler Baustein dafür ist unsere Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie“, so Bundesernährungsministerin Julia Klöckner.

Dieses Programm sieht auch die Reduktion von Zucker in Lebensmitteln vor. Der Zuckergehalt von Frühstückscerealien soll für Kinder bis 2025 um mindestens 20 Prozent, von gesüßten Milchprodukten und Erfrischungsgetränken um 15 Prozent gesenkt werden. Zudem soll der Gehalt des zugesetzten Zuckers in fruchthaltigen Getränken um 15 Prozent gesenkt werden (14).
Trotzdem sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass neben einer einseitigen und zuckerlastigen Ernährung auch Faktoren wie Bewegungsmangel und die Genetik das Risiko für Übergewicht und Adipositas erhöhen (15).

Quellen:

  1. Carina Rehberg: Zucker ist Gift für den Körper. 07 März 2021. https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/sucht/zuckersucht/zucker-gift-ia (abgerufen am 07.05.21)
  2. Marc Neller: “Ich bin nicht die Geschmacksgouvernante der Nation“. 18 Oktober 2018. https://www.welt.de/wirtschaft/article182276722/Julia-Kloeckner-Ich-bin-nicht-die-Geschmacksgouvernante-der-Nation.html (abgerufen am 07.05.21)
  3. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Empfehlung zur maximalen Zuckerzufuhr in Deutschland. 20 Dezember 2018. https://www.dge.de/presse/pm/empfehlung-zur-maximalen-zuckerzufuhr-in-deutschland/ (abgerufen am 10.05.2021)
  4. AGES: WHO Zucker Empfehlungen. 28 Januar 2021. https://www.ages.at/themen/ernaehrung/who-zucker-empfehlungen/# (abgerufen am 07.05.21)
  5. Statista: Pro-Kopf-Konsum von Zucker in Deutschland bis 2018/19. 11 März 2021. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/175483/umfrage/pro-kopf-verbrauch-von-zucker-in-deutsch-land/#:~:text=Zucker%20ist%20ein%20fester%20Bestandteil,Menge%20von%20rund%2095%20Gramm (abgerufen am 07.05.21)
  6. WHO: Fiscal policies for diet and prevention of noncommunicable diseases: technical meeting report, 2016
  7. Zucker Infodienst: Gegen Lebensmittelpopulismus. Mai 2021. http://www.zuckerverbaende.de/images/stories/docs/WVZ_Infodienst_Kampagne_gegen_Lebensmittelpopulismus.pdf (abgerufen am 07.05.2021)
  8. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: EU-weit einheitliche Lebensmittelkennzeichnung. https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/pflichtangaben/lebensmittelkennzeichnung-wichtigsten-vorgaben-lmiv.html;jsessionid=9FDA0664BA3D4C9AAB8E960BDF17B3A3.live831#doc17578bodyText11 (abgerufen am 10.05.21)
  9. Zühlsdorf A, Jürkenbeck K, Spiller A: Lebensmittelmarkt und Ernährungspolitik 2018: https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2018/01/16/umfrage_ergebnisbericht_lebensmittelmarkt_und_ernaehrungspolitik_2018.pdf
  10. Verbraucherzentrale: Zucker und Zuckerersatz: So erkennen Sie Süßmacher in Lebensmitteln. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/zucker-und-zuckerersatz-so-erkennen-sie-suessmacher-in-lebensmitteln-11552 (abgerufen am 12.5.2021)
  11. Stiftung Warentest: Zucker in Lebensmitteln. 24 April 2017. https://www.test.de/Zucker-in-Lebensmitteln-Wie-viel-drin-ist-und-wie-Sie-das-rausfinden-5170484-5170489/ (abgerufen am 10.05.21)
  12. Schienkiewitz A, Mensink G, Kuhnert R, Lange C: Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen in Deutschland. Journal of Health Monitoring 2017; 2: 21 https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_2017_02_Gesundheitsverhalten.pdf?__blob=publicationFile (abgerufen am 07.05.2021)
  13. Robert Koch-Institut (Hrsg), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg). Erkennen – Bewerten – Handeln: Zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. RKI, Berlin; 2008
    https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Kiggs/Basiserhebung/GPA_Daten/Adipositas.pdf?__blob=publicationFile (abgerufen am 10.05.21)
  14. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie: Weniger Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten. 16 Dezember 2020.
    https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/reduktionsstrategie/reduktionsstrategie-zucker-salz-fette.html (abgerufen am 10.05.21)
  15. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Wissenschaftliche Untersuchung bestätigt Wirksamkeit der Reduktionsstrategie: Anteile an Zucker, Kalorien, Salz in Fertiggerichten rückläufig! 1. April 2020. https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/061-wirksamkeit-reduktionsstrategie.html;jsessionid=A6974BCBE525D0A594AA1B85C4701933.internet2842 (abgerufen am 12.05.2021)