Nachbericht zur Abschlussveranstaltung ReBIOscover am 07.05.204
Alte Getreide-Landsorten, nachhaltige Ernährung, Biodiversität – zurück zu den Wurzeln bei der Herstellung von Brot und Backwaren?

Prof. Dr. Jutta Roosen von der TUM steht vorne und begrüßt die Zuhörer die an Tischen sitzen und nur von hinten zu sehen sind. Zoombild vorhanden

© KErn/Kolb

In den Medien werden schon lange kontroverse Debatten über die gesundheitlichen Vor- und Nachteile von modernen Getreidesorten, insbesondere Weizen, geführt. Aufgrund dieser Kontroverse verzichten beinahe 20 Prozent der Deutschen vorsorglich teilweise auf Gluten. Viele Verbraucher und Verbraucherinnen berichten, dass Sie beispielsweise traditionell handwerklich hergestellte Backwaren besser vertragen als Herkömmliche. Bislang wurden die verantwortlichen Inhaltsstoffe und die tatsächlichen Ursachen für die gesundheitlichen Probleme in Verbindung mit dem Verzehr von Weizen und industriell hergestellten Backwaren noch nicht eindeutig identifiziert.

Um mehr Licht in die Dunkelheit rund um das Thema Verträglichkeit von Brot, Back- und Teigwaren aus Getreide zu bringen, wurde das Projekt „ReBIOscover-Wiederentdeckung regionaler Getreide-Landsorten zur nachhaltigen Herstellung von Bio-Lebensmittelspezialitäten“ konzipiert.

Bei der Abschlussveranstaltung im Hans Eisenmann, Forum für Agrarwissenschaften, in Freising wurden im Mai 2024 die aktuellen Ergebnisse aus dem Projekt vorgestellt. Für alle Forschenden stellte dies einen großer Erfolg dar und setzte ein Meilenstein zum besseren Verständnis alter Getreide-Landsorten.
Gruppenbild mit allen Referenten und Teilnehmern der Abschlussveranstaltung.Zoombild vorhanden

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Könnte unsere Ernährung durch ein größeres Angebot an alten Landsorten und daraus erzeugten Lebensmitteln gesünder, nachhaltiger und abwechslungsreicher sein?

Die zentrale Fragestellung des Projektes war, ob ökologisch erzeugte und traditionell verarbeitete Backwaren aus alten Getreidesorten besser verträglich sind, weil sie weniger immunreaktive und möglicherweise mehr ernährungsphysiologisch positive Inhaltstoffe als industriell gefertigte Getreideprodukte enthalten.

Über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren, im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Forschungsprojektes „ReBIOscover“ fokussierten die Projektpartner, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die Technische Universität München (TUM), sowie das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) in Freising, mit Unterstützung von Mühlen und Bäckereien durch Forschung und Praxistests die den Erhalt und die Nutzung alter Landsorten zu fördern. Dazu gehörten die Analyse der Inhaltsstoffe unterschiedlicher Getreidesorten sowie die Herstellung von Bio-Lebensmittelspezialitäten mit besonderen Aroma- und Geschmacksqualitäten und verbesserten Verarbeitungseigenschaften.

Anbau alter Getreidesorten

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Züchtungsforscher Dr. Klaus Fleißner von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) kultiviert „alte Hofsorten“ und stellt durch Anbauversuche mit regionalen Weizensorten ein breites Sortiment an alten Landgetreidesorten für die Nährstoffanalyse, sowie für Backversuche zur Verfügung. Dabei tragen einige der Getreidesorten außergewöhnliche Namen wie „Ackermanns Bayernkönig“, „Altbanater“ oder „Berchtesgadener Vogel“. Durch den Anbau solcher Sorten leistet die LfL einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Vielfalt an Nahrungspflanzen, zu deren Erhalt sowie zur Verbesserung der Biodiversität der Kulturlandschaft. Die Projektergebnisse liefern somit wichtige Erkenntnisse für den Wissenstransfer in die gesamte Wertschöpfungskette vom ökologischen Landbau über die Verarbeitung in der Ernährungswirtschaft bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Beispielsweise zeigen die Analysen, dass alte Getreidelandsorten durchschnittlich höhere Anteile an Gliadin aufweisen, mit Schwankungen zwischen den unterschiedlichen Sorten, was zur Folge hat, dass der Teig bei der Verarbeitung eher läuft, wie Herr Wagner von der Bäckerei Wagner in Ruhstorf beschreibt.
Brot aus dem Freisinger Landweizen von der Bäckerei & Konditorei Geisenhofer GmbH.Zoombild vorhanden

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Die Kleberstruktur kann sich weniger aufbauen, deshalb hat der Teig eine geringere Standfestigkeit, ein Verarbeitungsmerkmal alter Getreide-Landsorten. Wie Herr Blum von der Hofbräuhaus- Kunstmühle beschreibt, verhalten sich alte Getreide-Landsorten bei der Verarbeitung in der Bäckerei nicht nachteilig zu modernen Sorten. Die Verbrauchernachfrage in der der Müllerei angeschlossenen Bäckerei nach Produkten die traditionell, handwerklich hergestellt werden ist gestiegen. Vermutlich könnte die Teigführung Ursache für die vom Verbraucher subjektiv wahrgenommene bessere Verträglichkeit der Produkte.

Vermarktung und weitere Forschungen

Das Vermarktungskonzept, das im Rahmen des Projektes vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) und von der Technischen Universität München (TUM) erarbeitet wurde, orientiert sich an den Erfahrungen, Erwartungen und Bedürfnissen der Erzeuger und Verarbeiter, sowie an den Wünschen der Verbraucher und Verbraucherinnen. Dass alte Getreidelandsorten angebaut werden und sich als besondere Nischenprodukte am Markt etablieren, hängt auch von der Nachfrage ab. Ertragssicherheit ist eine Voraussetzung für stabile Lieferbeziehungen und folglich die Verfügbarkeit beim Bäcker.
Fazit:
Alte Getreide-Landsorten stehen den modernen Sorten hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe in nichts nach, was die Backfähigkeit betrifft, bedarf es jedoch Geschick und Können in der Verarbeitung. Weiterer Forschungsbedarf ist erforderlich, um die Geheimnisse alter Getreidesorten zu lüften.

Weitere Impressionen von der Veranstaltung


Plakate, Postkarten und Social Media-Vorlagen
Kostenfreie Werbemittel für Produkte aus alten Getreide-Landsorten

Beispielansicht der Social Media Bilder mit Landwirt und Bäckerin

Um den Verbraucher für alte Getreidesorten zu sensibilisieren und auf das Angebot im Verkaufsraum oder in den sozialen Medien hinzuweisen, wurden von der TUM München entsprechende Vorlagen erstellt.

Die Werbematerialen sind kostenlos und können unter den nachfolgenden Link heruntergeladen werden:


Förderhinweis:

Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft.

Gefördert durch Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, sowie dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL)