Nachbericht zur Abschlussveranstaltung
Web-App „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“

Programmflyer auf dem Konferenztisch mit Referierenden am Konferenztisch im Hintergrund

© IBM/Annette Hodapp

Die webbasierte App „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“ begleitet Verbraucherinnen und Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf und unterstützt sie, nachhaltige und gesundheitsförderliche Entscheidungen zu treffen. Im Rahmen der Abschlussveranstaltung am 30.11.2023 präsentierten die Projektpartner und -partnerinnen die fachlichen Grundlagen der App im Detail. Als Hybridveranstaltung wurde das Event aus dem IBM Watson Center in München auch live per Videokonferenz übertragen.

Gesundheitsfördernde und nachhaltig hergestellte Lebensmittel mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) transparent erlebbar machen – das ist die Aufgabe des digitalen Begleiters „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“. Im Rahmen eines Verbundprojekts unter Förderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entwickelt und implementiert das KErn seit Februar 2021 die App gemeinsam mit dem Landesforschungsinstitut für softwareintensive Systeme (fortiss) sowie dem Wirtschaftspartner IBM Deutschland.

Hauptfokus des Projekts lag dabei auf der technischen Entwicklung einer Web-App mit integriertem Chatbot und eigens entwickeltem Nachhaltigkeits-Score. Neben einem breiten Spektrum an Ernährungsinformationen bietet der Prototyp der App „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“ mittels künstlicher Intelligenz auch mehr Transparenz beim Lebensmitteleinkauf.

11-köpfiges Projektteam posiert im GruppenfotoZoombild vorhanden

© IBM/Annette Hodapp

Nachhaltiger einkaufen mit KI: Abschlussveranstaltung zum Projekt „KISusCheck“

Am 30. November 2023 präsentierten die drei Projektpartner die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit. Zum Einstieg betonte Hiawatha Wolf, Director Sustainability Software bei IBM, die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit: Insbesondere die junge Generation beschäftigt sich intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen und zeigt sich aufgeschlossen gegenüber innovativen Technologien wie künstlicher Intelligenz.

Lena Mehl, Referentin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), erläuterte die Hintergründe zum Projekt „KISusCheck“: In Folge der „Bekanntmachung zur Förderung der KI in der Landwirtschaft, der Lebensmittelkette, der gesundheitlichen Ernährung und den ländlichen Räumen“ fördert das BMEL insgesamt 36 Verbundprojekte, die die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Intelligenz in verschiedenen Sektoren erforschen. Zu ihnen gehört auch das Projekt „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“.

Dr. Martin Kussmann, Leiter des Bereichs Wissenschaft am KErn, begrüßte die Teilnehmenden, bedankte sich für die Förderung seitens des BMEL und für die Unterstützung in der Projektdurchführung durch die BLE. Im Anschluss stellte er die Aufgaben und Herausforderungen des KErn dar: Dazu gehört sowohl die Entwicklung von Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit der bayerischen Bevölkerung als auch zur Förderung der Nachhaltigkeit im bayerischen Lebensmittelsektor. Zudem gilt es auch auf globaler und nationaler Ebene beim Thema Nachhaltigkeit in der Ernährung, die Aufrechterhaltung von natürlichen Ressourcen sowie die Wirtschaftlichkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft im Blick zu behalten. Ernährung sollte somit nachhaltig, gesund und bezahlbar sein.

In seiner anschließenden Präsentation über nachhaltige Ernährung und künstliche Intelligenz in Deutschland betonte Dr. Kussmann vor allem die Bedeutung von KI für die Datenverarbeitung und Informationsbereitstellung in den Anwendungsbereichen Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz, Tierwohl, Lebensmittelsicherheit und Transparenz in der Produktion. Denn die Ernährung spielt bei KI-Start-ups in Deutschland noch keine große Rolle. Der „nachhaltige Einkaufsführer“ als wegweisendes Projekt bietet deshalb ein großes Potenzial für neue Märkte und Möglichkeiten zur Verbesserung des Ernährungssystems.
Entscheidungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher

Silvia Hrouda, wissenschaftliche Mitarbeiterin am KErn, fasste die umgesetzten Arbeitspakete während der Projektlaufzeit zusammen, erläuterte Hintergrund und Motivation, das digitale Projekt KISusCheck zu entwickeln und zu implementieren: „Von Beginn an war das Ziel, Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Hilfsmittel an die Hand zu geben, um Lebensmittel in puncto Nachhaltigkeit und Gesundheitsförderlichkeit zu bewerten und auszuwählen. Durch die Entwicklung einer web-basierten App mit integriertem Chatbot sowie eines Nachhaltigkeits-Scores und die Anbindung von Lieferketteninformationen aus dem Blockchain-basierten Netzwerk IBM FoodTrust sorgen die Projektergebnisse für mehr Transparenz in der Ernährung. Damit wird dem Wunsch der Konsumenten und Konsumentinnen nach mehr Informationen und Transparenz entsprochen und ein ressourcenschonender Einkauf gefördert.

Anschließend stellte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Nicoleta Culiuc vom KErn die wesentlichen Inhalte zweier im Rahmen des Projektes „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“ durchgeführter Studien vor.
Um den genauen Bedarf von Verbrauchern und Verbraucherinnen zu ermitteln, führte das KErn zwischen 2021 und 2022 zwei Studien innerhalb der Bevölkerung durch. Hierbei wurde nicht nur die Nutzungsbereitschaft gegenüber einem Chatbot ermittelt, sondern auch der fachspezifische Informationsbedarf: So zeigte sich einerseits, dass ein nachhaltiger Einkaufsassistent als mobile Anwendung bei der Zielgruppe auf großes Interesse stößt – und andererseits, dass eine nachhaltige Ernährung in der Wahrnehmung der Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer ökologischen, ressourcen- und klimaschonenden Produktionsweise verknüpft ist.
Auf diese Weise konnten sowohl die relevanten Interessenfelder als auch die erforderlichen Nachhaltigkeitskriterien definiert werden, um die Fachinformationen des Chatbots auf die Bedürfnisse der Verbraucherinnen und Verbraucher zuzuschneiden.


Axel Wirz, wissenschaftlicher Mitarbeiter vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) erläuterte daraufhin das Basiskonzept hinter dem „Nachhaltigen Einkaufsassistenten“: den speziell für das Projekt entwickelten Nachhaltigkeits-Score, der auch die Herstellungsprozesse mit einbezieht. Das eigens für dieses Projekt entwickelte Gewichtungsmodell, ein Punktesystem zur Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmitteln, wird als Algorithmus digital umgesetzt. Laut Wirz sollte die Unterscheidung zwischen Erzeugung und Herstellung von Lebensmitteln dabei sowohl auf der Produkt- als auch auf der Unternehmensebene geschehen. Das entwickelte Bewertungssystem ermöglicht den Vergleich innerhalb einer Kategorie und beruht auf den vier Dimensionen, Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl sowie auf den im WBAE-Gutachten 2020 definierten Kriterien.

Prof. Dr. Alois Heißenhuber referierte in seinem anschließenden Vortrag über Impulse zu „Mehr Fairness in der Wertschöpfungskette“. Am Beispiel Fleisch erläuterte er dabei zunächst die Auswirkungen verschiedener Preisstufen und wies auf die notwendige Einführung einer sachgerechten Bepreisung von Lebensmitteln hin. Auch die Berücksichtigung sozialer Standards und fairer Löhne in der Herstellung spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Einbeziehung des Labelsystems wie im Projekt „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“ könne hier wertvolle Informationen an Verbraucherinnen und Verbraucher transportieren und so für mehr Transparenz sorgen. Auch die „wahren Kosten“ müssen als Leitplanken etabliert und externe Kosten internalisiert werden.
Peter Kuhn von fortiss spricht am KonferenztischZoombild vorhanden

© IBM/Annette Hodapp

Mit technischen Innovationen zu mehr Transparenz im Lebensmittelhandel

Peter Kuhn, Projektleiter von fortiss, ging auf die technischen Aspekte bezüglich der Architektur der Web-App „KISusCheck“ sowie die Einbindung des Nachhaltigkeits-Scores ein. Ausgehend von Verbraucherinnen und Verbraucher als der Zielgruppe der App erläuterte er dabei verschiedene Anwendungsfälle und technische Lösungen unter Einbindung der KI. Er führte durch die Funktionen der Web-App und demonstrierte die Möglichkeiten zur Bewertung von Lebensmitteln mithilfe der Scanfunktion. Anhand verschiedener Beispielprodukte veranschaulichte er, wie Informationen zur Supply Chain weitergegeben werden oder durch das Berechnungstool der Nachhaltigkeitsscore von Lebensmitteln individuell kalkuliert wird. Auch das Datenschema und die API-Schnittstellen wurden erklärt.

Weitere Erfahrungen und technische Hintergründe erläuterten im Anschluss Elke Kunde, die das Projekt beim Wirtschaftspartner IBM leitet, und Eduard Erhard, Technical Specialist Sustainability Software. Die von IBM entwickelte kollaborative Lebensmittelsicherheits-Plattform IBM Food Trust beruht auf der Blockchain-Technologie, welche die sichere Zusammenarbeit von Organisationen in Netzwerken ohne Vertrauen technisch ermöglicht. Dieses Grundkonzept wurde in IBM Blockchain Transparent Supply für Lieferkettendaten implementiert und für die Darstellung der Transparenz von Herkunfts- und Lieferkettendaten im Projekt verwendet.
Sie gingen auch auf die generellen und speziellen Herausforderungen ein, die sich während der Projektarbeit zeigten: beispielsweise die Digitalisierung der Herkunftsdaten verschiedener Lebensmittel, Medienbrüche in der Kette oder mangelndes Vertrauen der Lieferkettenteilnehmer als Hürde beim Teilen der Lieferkettendaten.

Der Nutzen der digitalen Rückverfolgungslösung im Lebensmittelsicherheitskontext ist offensichtlich: Während die Nachverfolgung der Lieferkette mit der herkömmlichen Methode z. B. bei Mangos auf Basis händischer Aufzeichnungen mehr als sechs Tage in Anspruch nimmt, konnte dieser Prozess mithilfe der Lösung IBM Food Trust auf wenige Sekunden verkürzt werden. Die Nutzertests im Projekt zeigten, dass die Verbraucher derartige Zusatzinformationen und Nennung ihrer Quellen wünschen, um die Score-Ergebnisse als vertrauenswürdig einzustufen. Die Beispielprodukte für den Chatbot wurden mit ihrer Lieferkette in der IBM-Software abgebildet und die Nachverfolgbarkeit in komprimierter Form im Chatbot sowie ausführlicher in der Oberfläche von IBM Blockchain Transparent Supply gezeigt.

Zum Thema KI referierte Dr. Dirk Michelsen, der bei IBM Deutschland für die strategische Geschäftsentwicklung im Umfeld von Data & AI im öffentlichen Sektor verantwortlich ist. Er akzentuierte die Deep-Learning-Technologie als Basis heutiger KI. Zudem erläuterte er die Entwicklung einer KI mit strukturierten und unstrukturierten Daten sowie die „Kambrische Artenexplosion“ für Large Language Models und den Einzug der „PC-Ära“ für KI, welche während der Laufzeit des Projektes massive Fortschritte gemacht haben. Mithilfe dieser Modelle lässt sich Literatur- und Datenbank-Wissen vereinfachen, mit eigenem Kontext versehen und besser abfragbar sowie die gelieferten Antworten zielgerichteter machen.

Um zusätzliche Impulse für die Weiterentwicklung der Web-App „KISusCheck – Nachhaltiger Einkaufsassistent“ zu setzen, wurde der KI-Experte Kamil Gawlik hinzugezogen. Mit Blick in die Zukunft zeigte er in seinem abschließenden Vortrag verschiedenen Möglichkeiten und Anforderungen für die Weiterentwicklung vom Prototyp zum marktreifen Produkt. Dank der rasanten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz gibt es mittlerweile alternative Berechnungsmodelle sowie weitere Analysenmethoden, die die Fortführung des Forschungsansatzes möglich machen.

Dr. Martin Kussmann bedankte sich abschließend bei allen Teilnehmenden und betonte die geballte Kompetenz des Projektteams, das interdisziplinär die Projektumsetzung in dieser Form erst möglich gemacht hat. Er ist sich sicher, dass das Thema Digitale Gesundheit am KErn auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.
Der Programmiercode wird in den nächsten Wochen als Open Source veröffentlicht.
Der Link und entsprechende Informationen werden auf der Projektwebseite bekanntgegeben:

Zur Projektseite