Bayerische Leitlinien Seniorenverpflegung
Es ist angerichtet! Genussvoll essen in Senioreneinrichtungen

Auch im Alter gut essen – das wünschen wir uns für unsere Angehörigen und auch für uns selbst. Dieser Gedanke gewinnt an Bedeutung, wenn Menschen nicht mehr selbst für ihr Essen verantwortlich sind, sondern in einer Senioreneinrichtung leben. Eine gute Verpflegung bedeutet für die Seniorinnen und Senioren ein wesentliches Stück Lebensqualität und Lebensfreude und ist damit nicht nur die Voraussetzung für das körperliche, sondern auch für das seelische Wohlergehen. Für jede Einrichtung stellt daher die Gestaltung der Verpflegung eine verantwortungsvolle Aufgabe dar.

Die Bayerischen Leitlinien Seniorenverpflegung sollen eine maßgebende Orientierungshilfe für qualitativ hochwertiges und regionaltypisches Essen in bayerischen Senioreneinrichtungen sein und auch im Einrichtungsleitbild ihren Platz finden.

Wenn hier Genuss, Gesundheit und Qualität Hand in Hand gehen, gewinnen alle Seiten: Bewohner und Einrichtung genauso wie Küchenprofis und Produzenten, Umwelt und Esskultur. Wenn die individuelle Essbiografie jedes einzelnen Bewohners und die im Alter hinzukommenden gesundheitlichen und körperlichen Einschränkungen in der Verpflegung berücksichtigt werden, ist dies eine gute Basis, dass sich Senioren auch in einer stationären Einrichtung zuhause fühlen können.

Vier Leitgedanken beschreiben die Philosophie einer guten Seniorenverpflegung: Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Gesundheit

Kresse-PaletteZoombild vorhanden

© StMELF, Kalle Singer

Wenn im Alter gesundheitliche Einschränkungen zunehmen, der Appetit nachlässt und die Portionen kleiner werden, ist eine hochwertige Lebensmittelauswahl umso wichtiger.
Grundlage für die Gestaltung eines gesundheitsförderlichen Speisen- und Getränkeangebots ist der „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung mit „Essen auf Rädern“ und in Senioreneinrichtungen“. Dieser gibt Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Verpflegung im Alter, die auch die Berücksichtigung individueller Geschmacksvorlieben und der persönlichen Essgewohnheiten der Bewohner mit einschließt.

Wertschätzung

integrative SeniorenverpflegungZoombild vorhanden

© istock Bojan89

Mahlzeiten strukturieren den Alltag und zählen für die Bewohner zu den Höhepunkten des Tages. Dieser hohe Stellenwert erfordert Wertschätzung und Aufmerksamkeit gegenüber jedem einzelnen Bewohner, den Mitarbeitern und ihrer handwerklichen Arbeit sowie den verwendeten Lebensmitteln. Besonders wichtig ist ein gutes Zusammenspiel zwischen Küchen-, Hauswirtschafts- und Pflegepersonal.

Ein Verpflegungsleitbild, das von der gesamten Einrichtung mitgetragen wird, zeigt, dass die Küche und die Verpflegung der Einrichtung den Stellenwert haben, den sie verdienen.

Diese Wertschätzung kann nur gelingen, wenn die Kommunikation stimmt: nach innen wie nach außen.

Nachhaltigkeit

Imagebild KarottenZoombild vorhanden

© Europäische Kommission

Von einer nachhaltigen Landwirtschaft profitieren alle: Klima, Böden, Gewässer, Pflanzen, Tiere und Menschen. Nachhaltige Verpflegung stärkt die heimische Ernährungs- und Landwirtschaft. Sie schließt die Aspekte regional, saisonal, ökologisch, Fairtrade und Tierwohl ein. Der schonende Umgang mit Ressourcen ist zentrales Element nachhaltigen Handelns.

Vor allem bei saisonal produziertem Obst und Gemüse und unverarbeiteten Produkten gibt es gute Gründe, Lebensmittel aus der Region zu beziehen: Sie reichen vom Genussfaktor saisonaler, erntefrischer, voll ausgereifter Lebensmittel bis zur Stärkung der heimischen Wirtschaft. Im Sinne der Leitlinien gilt grundsätzlich Bayern als Bezugsgröße. In jede Senioreneinrichtung gehören auch Bio-Lebensmittel, idealerweise aus der Region. Ziel für alle kommunalen oder öffentlichen Einrichtungen in Bayern ist ein Warenanteil von 50 % an regionalen oder biologischen Produkten.

Wirtschaftlichkeit

Küchenchef bei Aufzeichnungen

© Thinkstock

Für die Akzeptanz einer guten Seniorenverpflegung ist es unerlässlich, dass Preis- und Qualitätsansprüche im Einklang stehen, Kostenstrukturen transparent gemacht werden und auch allen Beteiligten bekannt sind.
Qualität und Wirtschaftlichkeit sind zwei Seiten einer Medaille und gehören auch in der Seniorenverpflegung eng zusammen. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass Qualität ihren Preis hat und der Einkauf hochwertiger Lebensmittel und die sorgfältige Zubereitung muss allen Beteiligten etwas wert sein.

Praktische Orientierungshilfen

Wer „Ja“ zu den Leitgedanken sagt, will diese auch im Unternehmensalltag umsetzen. Wir haben fünf Bereiche definiert, in denen Träger, Einrichtungsleitung, Leitungen der Küche, Hauswirtschaft und Pflege sowie der Heimbeirat maßgebliche Entscheidungen treffen, die die Qualität, Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit der Seniorenverpflegung beeinflussen.

Rahmen gestalten

In stationären Einrichtungen nimmt die Verpflegung der Senioren einen hohen Stellenwert ein und ist gleichzeitig Qualitätsmerkmal. Jede Senioreneinrichtung in Bayern hat unterschiedliche Rahmenbedingungen. Für eine gute Seniorenverpflegung gibt es daher keine pauschale Vorgehensweise, vielmehr sind individuelle Verpflegungslösungen notwendig.
Es ist wichtig, dass der Speiseraum und die Verpflegung an die Bedürfnisse der Bewohner angepasst sind.
Durch eine Verankerung des Verpflegungsleitbilds im Einrichtungsleitbild wird der Ernährung die wesentliche Bedeutung zugestanden, die sie verdient.
Einschlägige berufliche Qualifikation und regelmäßige Weiterbildung sorgen dafür, dass den Essensgästen eine Verpflegung von hoher Qualität und mit der entsprechenden Hygiene zukommt.

Ausgewogen verpflegen

Gutes und geschmackvolles Essen ist und bleibt auch im Alter ein wichtiger Teil der Lebensqualität. Dabei müssen „lecker“ und „gesund“ nicht im Widerspruch stehen. Kreative gesundheitsförderliche Gerichte, die Lust aufs Essen machen, zeigen den Bewohnern, dass Genuss und Gesundheit sowie Freude am Essen Hand in Hand gehen. Neben Speisenplanung und Lebensmittelauswahl entscheidet die Zubereitung über den Gesundheitswert des Essens. Schonende Zubereitungsmethoden erhalten Nährstoffe, Farbe und Geschmack.

Verantwortungsvoll einkaufen

Der Einkauf regionaler Lebensmittel verringert Transportwege, stärkt die heimische Landwirtschaft und fördert die Wirtschaftskraft vor Ort. Eng verknüpft mit der Regionalität ist oft auch die Saisonalität – insbesondere bei frischem Obst, Gemüse und Salat. Die ökologische Landwirtschaft leistet in den Bereichen Wasserschutz, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimaanpassung, Ressourceneffizienz und Tierwohl eindeutig einen positiven Beitrag und kann als eine nachhaltige Form der Landwirtschaft bezeichnet werden.
Ziel einer nachhaltigen Seniorenverpflegung muss es sein, die eingesetzten Bio-Produkte möglichst aus der Region und umgekehrt auch regionale Lebensmittel möglichst in Bio-Qualität zu beziehen. Orientierung zur Erfüllung der Qualitätsansprüche für regionale und ökologische Produkte bieten die Gütezeichen „Geprüfte Qualität – Bayern“ (GQ-B) und „Bayerisches Bio-Siegel“ (BBS).

Kosten aufzeigen

In den Senioreneinrichtungen ist es eine besondere Herausforderung, für eine große Anzahl von Bewohnern mit unterschiedlichen Pflegegraden und Bedürfnissen sichere, gesundheitsförderliche und qualitativ hochwertige Speisen bereitzustellen. Das entstehende Spannungsfeld zwischen Qualitätsanforderungen und Preis/Kosten gilt es so zu gestalten, dass für alle eine gute Lösung gefunden wird. Die Verpflegung muss für die Bewohner und deren Angehörige bezahlbar und für die Küche im Rahmen der vom Träger festgelegten Verpflegungskosten umsetzbar sein.
Abhängig von der Organisationsform und dem Verpflegungssystem fallen die Kosten in unterschiedlicher Höhe an verschiedenen Stellen an. Jede Verpflegungslösung erfordert daher eine individuelle Kostenkalkulation.

Erfolgreich kommunizieren

Seniorenverpflegung ist eine Querschnittsaufgabe. Sie gelingt, wenn alle Beteiligten gut informiert sind und die Kommunikationsstrukturen und das gemeinsame Ziel definiert sind. Eine gute Vernetzung aller an der Verpflegung beteiligten Personen fördert eine klare und umfassende Kommunikation, zeigt die Rahmenbedingungen auf und gewährleistet, dass die Seniorenverpflegung von allen Beteiligten geschätzt und mitgetragen wird. Je besser und intensiver die Vernetzung, umso höher ist die Zufriedenheit.