KErn baut Wissensportal zu Ernährung und Medien auf

Auf einem Porzelanteller steht in bunten Buchstaben Fake News geschriebenZoombild vorhanden

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Mehr Ernährungswissen für Journalisten, Redakteure und Ernährungsprofis: Am KErn ist der Startschuss für ein neues Webprojekt gefallen. Das Wissensportal mit dem Titel „Ernährungsradar“ soll Redaktionen die Arbeit erleichtern – Ziel: seriöse Infos für bessere Berichte und mehr Qualität in der Debatte über Ernährung. Auch für interessierte Nutzer und Ernährungsberaterinnen und -berater sind Angebote geplant, darunter ein Check von populären Videos oder Blogbeiträgen sowie ein Lernbereich mit Erklärfilmen, Online-Tutorials und Quiz.


Ernährungswissen ist überall: im Internet, in populären Sachbüchern, in Blogs und Videos. Doch vieles davon ist ungesichert, manches sogar gefährlich und vor allem eins: unübersichtlich. Journalisten und selbst Ernährungsprofis schaffen es im Berufsalltag nicht immer, einem Thema auf den Grund zu gehen. In den Redaktionen herrscht Zeitdruck, häufig erscheint Ernährung dabei als Lifestyle-Thema, über das jeder schnell etwas schreiben kann. Aber Ernährung ist komplex – hier setzt das Projekt an, um Service zum wissenschaftlichen Hintergrund zu bieten: Das neue Wissensportal wird fundierte Informationen zum Forschungsstand bei aktuellen Themen bereitstellen und ein Netzwerk mit Experten aufbauen. So können Journalisten über das Portal qualifizierte Interviewpartner und seriöses Material für ihre Recherche erhalten. In anderen Rubriken setzt sich die Redaktion am KErn mit Fake News auseinander oder untersucht populäre Medien darauf, ob deren Ratschläge zu Ernährung seriös sind.

Ziele und Umsetzung

Compas der in Richtung Qualität zeigtZoombild vorhanden

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Das neue Portal schließt eine Lücke, die bei Ernährungsinformationen im Netz besteht: Viele Angebote liefern vor allem Ernährungsratschläge, Verbrauchertipps, Lexikonwissen oder Rezepte. Plattformen mit verständlich aufbereiteten Forschungsinformationen speziell zu Ernährung, die für Redaktionen aller Ressorts nutzbar sind, gibt es nicht.

So wird der Ernährungsradar als digitales Medienzentrum eine Anlaufstelle für alle, die über Ernährung berichten. Inspiriert ist dieses Konzept von Netzinitiativen, die unter der Bezeichnung „Science Media Center“ in verschiedenen Ländern arbeiten. In der Regel sind dies stiftungsgeförderte Angebote, die unabhängig recherchieren und den aktuellen Forschungsstand aufbereiten, um Redaktionen mit fundierten Informationen aus der Wissenschaft zu versorgen.

Mit diesem Ansatz unterscheidet sich der Ernährungsradar von den Webseiten anderer Anbieter im Bereich Ernährung, etwa den Verbraucherzentralen. Kooperationen bei Inhalten und Medienprodukten sind jedoch mit verschiedenen Institutionen angedacht, darunter mit dem Bundeszentrum für Ernährung BZfE, dem Max-Rubner-Institut MRI und der Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE.

Für die ambitionierte Plattform arbeiten neben dem KErn zwei Partner: die Universität Bayreuth und die Akademie für Neue Medien (Bildungswerk) e.V. Seit Anfang 2019 hat die Gruppe das dreiteilige Konzept für das neue Portal vorbereitet, unter anderem analysierte die Universität Bayreuth dazu bestehende Ernährungsseiten im Netz. Die Sondierung zeigte, dass bisher keine Netzplattform speziell für Journalisten, Redakteure und Ernährungsfachkräfte existiert. Auch fehlt es an der Möglichkeit für Journalisten, zentral auf Zahlen und Daten zu einem Ernährungsthema zuzugreifen, ohne bei mehreren Institutionen, Verbänden oder Unternehmen recherchieren zu müssen.
Prägnanter Claim: „Ernährung: Hier sind die Fakten.“
Mit seinem Claim für den Ernährungsradar hebt das KErn die wissenschaftliche Expertise hervor, die hinter dem Portal steht: „Ernährung: Hier sind die Fakten.“. Das Konzept eines Food Science Media Centers als Angebot an alle Redaktionen, die über Ernährung berichten, überzeugte: Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), das Bundesministerium für Ernährung in Berlin (BMEL) und die Oberfrankenstiftung fördern die neue Wissensplattform. Die Programmierung übernimmt im Auftrag des KErn die Sayang.gmbh von Karsten Lohmeyer und Stephan Goldmann.

Struktur und Inhalte

Das neue Portal besteht aus drei Teilen mit Themen, Checks sowie Medien zum Lernen und Verstehen.

Würfel mit Buchstaben die zusammengestellt sind und das Wort Fakten ergebenZoombild vorhanden

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Bereich 1: Forschung und Debatten
Im ersten Teil geht es um Themen, Trends und Hypes – Adressaten sind Redaktionen und Journalisten aller Ressorts. Sie finden hier den Forschungsstand zu aktuellen Ernährungsfragen, verständlich aufbereitet von einer Redaktion am KErn. Dazu gibt es Verweise auf Originalstudien und wissenschaftliche Quellen, Interviewpartner und Material wie Daten und Links zu Grafiken, dazu Hinweise auf neue Aspekte. Außerdem sind Debatte und Reflexion geplant, denn nicht immer hat die Wissenschaft alleine die Antwort: Hier erscheinen Standpunkte verschiedener Akteuren aus der Ernährungsszene, unterschiedliche Positionen von Experten zeigen, dass auch die Forschung nicht immer eindeutige Antworten gibt. Eine eigene Rubrik zu Ernährungsmythen beschäftigt sich mit dem Aufklären von Fake News.
Bereich 2: Der Check
Ein weiterer Bereich richtet sich sowohl an Journalisten als auch an interessierte Nutzer. Unter dem Arbeitstitel „Der Check“ prüfen Fachautoren und Wissenschaftler populäre Medien auf ihren Inhalt - Sachbücher und Bestseller, Blogbeiträge, Portale und Videos von Influencern auf Youtube oder Facebook. Die Medien werden nach klaren Kriterien besprochen, zentral ist die Frage, wie seriös und wissenschaftlich fundiert die Hauptaussagen sind. Geplant sind in diesem Bereich auch Formate wie ein Video-Talk sowie Audio-Elemente.
Bereich 3: Lernen und Verstehen
Im dritten Teil soll nach und nach eine Mediathek mit Erklärvideos und interessanten Lernmedien entstehen, dazu gehören kommentierte Links zu externen Seiten sowie Themendossiers. Neben eingebetteten Videos sind eigene Produktionen der beiden Kooperationspartner des KErn geplant, etwa Erklärvideos sowie selbst entwickelte Quiz oder Online-Spiele. In einer späteren Phase soll E-Learning mit Kursen, Weiterbildung und Material für die Praxis von Ernährungsfachkräften dazukommen.
Die Zielgruppen
Im ersten Bereich zu Themen und Forschung sind Journalisten und Redaktionen aller Ressorts die Adressaten, und hier liegt zunächst der Schwerpunkt des Portals. In den beiden anderen Bereichen gibt es auch Angebote für interessierte Nutzer und Nutzerinnen, die vertiefte Informationen zu Ernährung suchen. Im Teil zu Lernen und Verstehen können dies Schwangere sein, die mehr über die Ernährung in der Schwangerschaft und den ersten Lebensmonaten ihres Kindes wissen möchten, oder Senioren, die sich über den speziellen Nahrungsbedarf im Alter informieren wollen. In einer späteren Phase sind auch Ernährungsberaterinnen und Profis die Adressaten, für die E-Learning-Angebote entstehen sollen.

Hintergrund zum Projekt

Die vernetzte Welt vor einem SupermarktregalZoombild vorhanden

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Die Idee zum Wissensportal Ernährung entstand 2015 bei der Leiterin des Bereichs Wissenschaft am KErn, Christine Röger. Mit ihrem Team organisierte sie Veranstaltungen und Journalistenworkshops zu Fakten und Mythen in der Ernährung - ein Thema, das seit Jahren an Bedeutung zunimmt. Denn beim Beantworten von Presseanfragen im KErn stellt sich immer wieder heraus, dass sowohl Journalisten als auch Publikum vielen Ernährungsirrtümern unterliegen. Selbst Fachkräfte wie Ernährungsberaterinnen in freier Praxis verlieren angesichts der Flut von Forschungsartikeln und Sachbüchern oft den Überblick.

Die Lösung erschien naheliegend: Ernährungsinfos im Netz bündeln, nach Themen ordnen, mit Expertenwissen verknüpfen und noch besser vermitteln – das Ganze am besten schnell auffindbar im Internet. Druck erzeugte dabei eine merkliche Tendenz im öffentlichen Bewusstsein: Wie bei anderen Institutionen war in Veranstaltungen am KErn eine unterschwellige Vertrauenskrise zu spüren, die Wissenschaft, Agrarindustrie und Institutionen trifft. Um hier auf Augenhöhe und modern im Netz kommunizieren zu können, erscheint das Konzept eines debattenorientierten Portals als zeitgemäßes und wichtiges Instrument.

So organisierte das KErn im Vorfeld des Förderantrags zwei Experten-Workshops, um Bedarf und Interesse abzufragen, Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und Ideen für die Umsetzung zu sammeln. Journalisten und Fachleute aus dem ganzen Bundesgebiet nahmen teil, darunter von wichtigen Playern der Szene wie dem Max-Rubner-Institut, dem Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam (DIfE), dem Infoportal EUFIC, Lehrstühlen der TU München, der Uni Leipzig, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, dem Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie oder dem Bundeszentrum für Ernährung, BZfE.

Die Workshops zeigten, dass ein Portal zu Ernährungswissen mit Medienbezug auf großes Interesse trifft, so entstand 2019 eine Pilotwebseite im Netz, die von Fachjournalisten getestet und weiterentwickelt wurde.

Neben einer besseren Debatte über Ernährung in den Medien ist für das KErn auch der digitale Wandel ein wichtiges Motiv, um das Internetprojekt voranzutreiben: Institutionen und Behörden müssen sich der Transformation stellen, die eine Wissensgesellschaft mit sich bringt. Daher ist der Ernährungsradar eine Investition in die Zukunft: Als agiles Projekt geführt, schafft das Portal die Möglichkeit, neue Formate der Zusammenarbeit und der Medienproduktion auszuprobieren oder Kollegen fit für die digitale Kommunikation zu machen. Das Portal setzt dabei auf einen eigenen Auftritt und ein wiedererkennbares Design, um eine eigene Marke im Netz zu werden.
Der Transfer aus der Wissenschaft in Medien und breites Publikum ist zentral, auch für den neuen Campus Kulmbach des Kooperationspartners Universität Bayreuth. Mit seiner neuen Fakultät Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit gibt das Portal dem Campus die Chance, der Wissenschaft in der Ernährungsdebatte stärkeres Gewicht zu verleihen. Ein eigenes Kursmodul Wissenschaftskommunikation ist im Lehrplan und Studenten werden im Projekt Content erstellen, Erklärvideos konzipieren, Texte liefern oder Bücher, Videos und Blogs auf die Seriosität der Inhalte untersuchen. Dazu erhalten sie im Rahmen des Förderprojekts Ernährungsradar ein Medientraining bei der Akademie für Neue Medien, das professionelles Handwerkszeug vermittelt.

Für die Zeit nach dem Projektende 2024 ist damit langfristig der Content für das Portal gesichert. Die neue Fakultät 7 der Universität Bayreuth hat dazu bereits die Medienausbildung in ihren Ausbildungsauftrag übernommen.

Von der Content-Strategie und den Angeboten für Profis können zudem Handwerker, Hersteller und Unternehmen der Ernährungswirtschaft in der Region profitieren. Damit erschaffen die drei Projektpartner ein Netzwerk, das bundesweit ausstrahlen, aber auch regional Nutzen bringen soll: ein einzigartiger Nukleus für Ernährung.

Kooperationspartner

Förderer:

Projektinformation

Laufzeit: November 2020 bis Oktober 2024
Erste Online-Stufe: voraussichtlich ab Herbst 2022