Faktenübersicht
Die Rolle von Fleisch in der nachhaltigen Ernährung

Short-Facts:

  • Eine Ernährungsweise gilt dann als nachhaltig, wenn die Auswirkungen auf die Umwelt gering sind und trotzdem eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen sichergestellt wird.
  • Der tatsächliche Fleischverzehr in Deutschland verursacht 37 % der ernährungsbezogenen Treibhausgase.
  • Laut Analysen des IFEU-Instituts ist extensiv erzeugtes Rindfleisch in Deutschland um 60 % klimawirksamer als konventionell erzeugtes Rindfleisch – Bei Schweinefleisch und Hähnchen sind die Unterschiede gering bis nicht darstellbar.
  • Extensiv erzeugtes Rindfleisch ist daher nur zu empfehlen, wenn die Verzehrmenge von Fleisch insgesamt sinkt und auch Schweinefleisch und Hähnchen damit größtenteils substituiert werden.


Hintergrund

Was bedeutet der Begriff „nachhaltige Ernährung“?

Eine nachhaltige Ernährung kann als Ernährungsweise definiert werden, die geringe Auswirkungen auf die Umwelt hat und gleichzeitig zur Lebensmittel- und Ernährungssicherheit beiträgt. Ähnlich zu dem Begriff einer nachhaltigen Entwicklung kommt hier der Generationenaspekt zum Tragen, laut dessen ein gesundes Leben sowohl für heutige als auch für zukünftige Generationen möglich gemacht werden soll. Eine nachhaltige Ernährung verfolgt das Ziel, die biologische Vielfalt und die Ökosysteme zu schützen und zu respektieren, kulturell angepasst, verfügbar, ökonomisch gerecht und bezahlbar zu sein und die ernährungsphysiologischen Voraussetzungen einer sicheren und gesunden Ernährung zu erfüllen (FAO 2012).

Laut des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) kann eine nachhaltige Ernährung in vier Dimensionen unterschieden werden. Diese Zieldimensionen, auch bekannt als die „Big Four“, definieren die Kategorien: Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl. Das übergeordnete Ziel einer nachhaltigen Ernährung ist es, positiv auf alle vier Dimensionen einzuwirken (WBAE 2020). Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) bedeutet nachhaltige Ernährung in der Praxis, sich aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln zu ernähren. Grundlage einer solchen Ernährungsweise sind ökologische, regionale, saisonale und fair produzierte Lebensmittel mit geringem Verarbeitungsgrad (DGE 2021). Fleisch kann gemäß den Empfehlungen der DGE Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung sein, allerdings nicht zwingend.


Aktueller Sachstand

Klimawirkung von Fleisch

Insgesamt verursacht die deutsche Ernährung durch den tatsächlichen Verzehr rund 176 Mio. Tonnen Treibhausgase. Davon werden 37 % allein durch den Verzehr von Fleisch verursacht (Thünen-Institut 2019).

Treibhausgase verursacht anteilig durch realen Lebensmittelverzehr

Abb. 1: Treibhausgase verursacht anteilig durch realen Lebensmittelverzehr

Eine Bilanzierung unterschiedlicher Fleischarten (und Fleischersatzprodukte) in Deutschland durch das IFEU-Institut 2021 zeigte, dass extensiv (Bio) erzeugtes Rindfleisch rund 60 % höhere Treibhausgasemissionen verursacht als konventionell erzeugtes Rindfleisch. Bei Schweinefleisch liegt der Unterschied zwischen bio und konventionell nur noch bei 13 %, bei Hähnchen wurde kein Unterschied ausgewiesen. Insgesamt schneidet Schweinefleisch in Deutschland mit 0,46 Gramm THG-Äquivalenten/100 Gramm etwas besser ab als Hähnchen mit 0,55 Gramm THG-Äquivalenten/100 Gramm. Rindfleisch verursacht hingegen mit 1,36 Gramm THG-Äquivalenten/100 Gramm mehr als doppelt so viel Treibhausgase wie Schweinefleisch oder Hähnchen. Pflanzliche Ersatzprodukte liegen zwischen 0,04 bis 0,25 Gramm THG-Äquivalenten/100 Gramm. Zu beachten ist, das pflanzliche Ersatzprodukte natürlicherweise nicht über den Nährstoffgehalt von Fleisch verfügen, so dass einzelne Nährstoffe zugesetzt werden müssen, um auch ernährungsphysiologisch als Ersatz zu dienen.

Bilanzierung Unterschiedlicher Fleischarten _und Fleischersatzprodukte _in Deutschland Ifeu-institut 2021

Abb. 2: Bilanzierung unterschiedlicher Fleischarten (und Fleischersatzprodukte) in Deutschland © IFEU-Institut 2021


Wissenschaftliche Einordnung

Der Fleischverzehr in Deutschland verursacht mehr als gut ein Drittel der ernährungsbezogenen THG-Emissionen. Dabei verursacht Rindfleisch aus Deutschland mehr als doppelt so viel Emissionen wie Schweinefleisch oder Hähnchen aus Deutschland, zwischen denen im Durchschnitt nur 0,09 Gramm THG-Äquivalente liegen. Im realen deutschen Konsum macht Rindfleisch jedoch nur etwa 15 % des Fleisches aus. Der Konsum von extensiv erzeugtem Rindfleisch würde die THG-Emissionen nochmals um 60 % erhöhen. Effektiv würde damit bei gleichbleibender Verzehrmenge der Beitrag zu den THG-Emissionen sogar steigen. Da jedoch bei ernährungsbezogenen THG-Emissionen die gesamte Summe an verzehrten Lebensmitteln ausschlaggebend ist, wäre extensiv erzeugtes Rindfleisch unter dem Gesichtspunkt zu empfehlen, dass seine Erzeugung Vorteile für die Biodiversität und das Tierwohl bietet, wenn es nicht nur anstelle von konventionell erzeugtem Rindfleisch verzehrt wird, sondern auch im Sinne der Nahrungskonkurrenz teilweise Schweinefleisch oder Hähnchen ersetzt. Dies würde voraussetzen, dass sich die insgesamt verzehrte Menge an Fleisch reduziert.

Schweinefleisch und Hühnerfleisch ließen sich hingegen gegenseitig ersetzen bzw. die Unterschiede zwischen extensiver und konventioneller Erzeugung mit Blick auf die THG-Emissionen sind vernachlässigbar. Bezüglich Begrifflichkeiten wie „Klimakiller“ wäre zu berücksichtigen, dass auch Lebensmittel mit geringeren THG-Emissionen bezogen auf das Gewicht durch hohe Verzehrmengen sehr klimawirksam werden können, siehe bspw. Getreide/-produkte oder Getränke. Bei maßvollem Genuss von Fleisch ist der Begriff „Klimakiller“ daher deplatziert, ebenso wie für andere Lebensmittel.


Literaturhinweise

  • Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) (2012): Final Document. In: Burlingame B, Dernini S (Hrsg.): Sustainable diets and biodiversity - Directions and solutions for policy research and action. Proceedings of the International Scientific Symposium Biodiversity and Sustainable Diets United Against Hunger. FAO, Rome.
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (2020): Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten - WBAE-Gutachten. Im Internet unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.html.
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) (o.J.): Vollwertige Ernährung. Im Internet unter: https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/.
  • Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) (2019-2020): Ökologischer Fußabdruck von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland. Im Internet unter: https://www.ifeu.de/projekt/oekologischer-fussabdruck-von-lebensmitteln-und-gerichten-in-deutschland/.
  • Thünen-Institut (2019): Wege zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen - Pathways to reduce food waste (REFOWAS). Thünen Report 73. Im Internet unter: https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen-Report_73_Vol1.pdf.