Faktenübersicht
Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie: Weniger Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten

Short-Facts:

  • Neben Zucker und Energie werden, je nach Produktgruppe, diesmal auch Salz, Fett und gesättigte Fettsäuren stärker betrachtet.
  • Einige Produktuntergruppen weisen signifikant geringere Gehalte an Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker bzw. Salz auf.
  • Durch Reduktionsbemühungen kann sich die Bandbreite (Streuung) der Gehalte an Fett, Zucker und Salz am Markt vergrößern: Es gibt sowohl Produkte mit hohen, mittleren als auch niedrigeren Energie- und Nährstoffgehalten zu kaufen. Im Mittel (Median) sind jahrweise Vergleiche daher nicht immer aussagekräftig.

Hintergrund

Was ist das Ziel der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI)?

Fat-salt-sugar Fkruger Adobestock

fkruger - AdobeStock

Im Rahmen der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI) für Zucker, Fette und Salz hat sich das Bundes­ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Aufgabe gemacht, Verbraucherinnen und Verbraucher dabei zu unterstützen, sich gesundheitsbewusster zu ernähren und dafür Sorge zu tragen, dass Fertigprodukte gesünder werden. Fokus dieser Intervention liegt unter anderem auf den Endprodukten, die sich in ihrer Aufmachung an Kinder und Jugendliche richten. Konsens dieser Interventionsstrategie ist die ernährungsmedizinische Relevanz und Tatsache, dass so genannte nicht übertragbare Krankheiten wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes-Typ-2 immer häufiger auftreten – auch in Deutschland.

Haupttreiber der Entstehung von nicht übertragbaren Krankheiten sind Bewegungsmangel und eine einseitige, kalorienreiche Ernährung, die das Risiko für Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) erhöhen. In Deutschland sind 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer übergewichtig – fast ein Fünftel davon ist adipös. Bei Kindern und Jugendlichen sind 15 Prozent übergewichtig. Die daraus resultierenden Folgeerkrankungen wirken sich nicht nur auf die Lebensqualität der Betroffenen aus, sondern verursachen Gesundheitsfolgekosten, schätzungsweise in Milliardenhöhe, zuungunsten der Solidargemeinschaft.

 

Konsum von Zucker, Fett und Salz übertrifft die wissenschaftlichen Empfehlungen1:

ZuckerFettSalz
EmpfehlungMax. 10 % der täglichen
Nahrungsenergie – 50 g (Gesamtenergiezufuhr von 2000 kcal)
Nicht mehr als 30 % der
Gesamtenergie – 67 g (Gesamtenergiezufuhr von 2000 kcal)
Max. 6 g – etwa einen Teelöffel Salz pro Tag2
Pro-Kopf-Verbrauch32,5 kg im Jahr – täglich 89 gFrauen täglich: 75 g
Männer täglich: 100 g
Frauen täglich: 8,4 g
Männer täglich: 10,0 g

1 Die Empfehlungen beschreiben den Konsens einschlägiger Fachgesellschaften (2018). Der Pro-Kopf-Verbrauch kann anhand der NVS II (2007) und Destatis (2021) nachvollzogen werden.
2 Die Empfehlungen gelten für Erwachsene.


Aktueller Sachstand

Wie wird der Erfolg der NRI gemessen?

Das BMEL hat das Max Rubner-Institut (MRI) mit einem begleitenden Produktmonitoring beauftragt, um die Wirksamkeit der Strategie objektiv und wissenschaftlich abgesichert bewerten zu können. Das Monitoring erlaubt anhand der Basiserhebung die Ermittlung potenzieller Veränderungen der Zucker-, Fett-, Salz- und Kaloriengehalte von Fertigprodukten im Zeitverlauf. Den Referenzrahmen bildet eine Datenbank des MRI aus dem Jahr 2016, die Energie- und Nährstoffgehalte von 12.500 im deutschen Lebensmitteleinzelhandel häufig gekauften Fertigprodukten beinhaltet. Dabei gibt die Datenbank Aufschluss über die Big Seven der Nährwertkennzeichnung, dessen Kennzeichnung laut der EU-Lebensmittelinformationsverordnung vorgeschrieben ist: Energiegehalt, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz. Entsprechend der Produktkategorie werden die Energie- und Nährstoffgehalte in regelmäßigen Abständen neu erhoben und überprüft.

Wie sehen die ersten Zwischenergebnisse aus?

Zwischen September und Dezember 2019 wurden die Produktgruppen: Milchprodukte, Erfrischungsgetränke, Tiefkühl-Pizzen und Frühstückscerealien in den Blick genommen. Anhand dieser ersten Folgeerhebung konnte überprüft werden, inwiefern die konkreten Zielvereinbarungen der Lebensmittelwirtschaft bisher umgesetzt wurden: In allen untersuchten Produktgruppen konnten im Vergleich zur Basiserhebung 2016 reduzierte Zucker- oder Energiegehalte festgestellt werden. Im Bereich Kinderlebensmittel bedeutet das konkret, dass bei Joghurts 20 Prozent, bei Frühstückscerealien fast 15 Prozent und bei Erfrischungsgetränken 35 Prozent weniger Zucker in den Produkten enthalten sind.

Weitere Meilensteine: Inkrafttreten des nationalen Verbots des Zusatzes von Zucker und Zuckerzusatzstoffen zu Kräuter- und Früchtetee für Säuglinge oder Kleinkinder.

Was sind die Schwerpunkte des aktuellen Produktmonitorings?

Die zweite Folgeerhebung von August bis Dezember 2020 umfasste die Untersuchung der Produktkategorien: Brot und Kleingebäck, Wurstwaren und weiteren Fleischerzeugnissen, Müsli-, Frucht- und Nussriegeln, Fertigmahlzeiten für Kleinkinder und so genannte Quetschies. Insgesamt konnte eine Reduktion der Salzgehalte von verpacktem Brot und Kleingebäck und der Zuckergehalte von Riegeln festgestellt werden.

Was sind die zentralen Ergebnisse?

Das Produktmonitoring bildet mit 4.940 Produkten die Marktvielfalt der Produktuntergruppen ab. Darunter: 913 Brote und Kleingebäcke, 2.212 Wurstwaren, 410 weitere Fleischerzeugnisse, 1.038 Riegel, 289 Quetschprodukte und 78 Kinderfertigmahlzeiten.

Brot und Kleingebäck – Im Durchschnitt vier Prozent weniger Salz

  • Bei Toastbrot wurde der Salzgehalt um 8,3 % reduziert.
  • Bei Weizen- bzw. Dinkelbrötchen um 6 %.
  • Haushalte greifen bei Produktuntergruppen eher zu salzärmeren Varianten.

Müsli-, Frucht- und Nussriegel

  • Riegel auf Nuss-/Kernbasis enthalten durchschnittlich 15,8 % weniger Zucker.
  • Riegel mit Schokolade enthalten durchschnittlich 10,9 % weniger Zucker.
  • Fruchtschnitten enthalten durchschnittlich 5,9 % weniger Zucker.
  • Haushalte kaufen in den größten Mengen Sport- und Proteinriegel ein, gefolgt von Müsliriegeln mit Schokolade.

Wurstwaren und Fleischerzeugnisse – deutliche Salzreduktion

  • Bei Snack-Salami im Schnitt 10,6 % weniger Salz.
  • Bei vorgegarten Frikadellen 15 % weniger Salz
  • Haushalte kaufen vor allem Brühwürsten (z.B. Fleischwurst und Wiener Würstchen), Pökelware (z.B. Koch- und Rohschinken) und Salami (inkl. Snack-Salami).
  • Bei Würstchen mit Kinderoptik greifen Haushalte eher zu salzärmeren Produkten.

Quetschies für Kinder – erstmalig unter der Lupe

  • Durchschnittlich 10,4 g Zucker pro 100 g (vergleichbar mit Fruchtsäften).
  • Gut 10 % dieser Produkte enthalten zugesetzten Zucker (wie etwa Haushalts- oder Traubenzucker; Agavensirup bzw. Süßmolkenpulver).
  • Die Produkte sind überwiegend als Lebensmittel mit Kinderoptik zu klassifizieren.
  • Haushalte kaufen am meisten und in den größten Mengen Quetschies ein, die nur aus Früchten bestehen.

Herzhafte Fertigmahlzeiten für Kleinkinder – erstmalig unter der Lupe

  • Die Fett- und Salzmengen entsprechen den Höchstmengen, die von der Diätverordnung für die Altersgruppe 1 bis 3 Jahren als zulässig gelten.
  • Relativ kleine Produktgruppe, ohne Daten zur Kaufhäufigkeit oder Marktrelevanz.


Wissenschaftliche Einordnung

Im Vergleich zu den Basiserhebungen 2016/18 zeigt sich für die Breite des Produktspektrums eine signifikante Reduktion der Salzgehalte von verpacktem Brot und Kleingebäck und eine signifikante Reduktion der Zuckergehalte von Riegeln. Insgesamt schwankt das Ausmaß der Reduktion stark. Das kann u. a. daran liegen, dass eine Reduktion energieliefernder Nährstoffe nicht zwangsläufig mit einem geringeren Energiegehalt einhergeht, da die reduzierten Komponenten zum Teil ersetzt werden. So kann ein fettreduzierter Riegel beispielsweise mehr Kohlenhydrate enthalten, um weiterhin sensorische Anforderungen und technologische Verarbeitungsvoraussetzungen erfüllen zu können.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nur bei zwei Produktuntergruppen die Nährstoffreduktionen (Zuckergehalt bei Müsliriegeln mit Schokolade; Fettgehalt bei einer Kategorie der Geflügelsalami) auch wirklich mit einem signifikant geringeren Energiegehalt einhergehen. Insgesamt kann auch der begrenzte Stichprobenumfang der Basiserhebungen den Vergleich und die Aussagekraft für einzelne Produktuntergruppen einschränken. Für die Haushaltspraxis muss außerdem bedacht werden, dass keine haushaltüblichen Durchschnittsmengen festgelegt werden können: Haushalt ist nicht gleich Haushalt – Bei einer mehrköpfigen Familie sind zum Beispiel andere Mengen üblich als bei einem Singlehaushalt. Da man nicht von einem Haushalt auf den anderen schließen kann, ist davon auszugehen, dass mehr Fett, Zucker und Salz in einzelnen Haushalten ankommen, als der Median des Produktmonitorings vermuten lässt.

Die Reduktion der „Big Seven“ von der Lebensmittelwirtschaft einzufordern und weitere Zielvereinbarungen für relevante Produktgruppen zu treffen, wird daher vereinzelt gefordert. Auch eine verpflichtende erweiterte Nährwertkennzeichnung, z. B. Nutri-Score, könnte als Anreiz dienen, um eine zügige Reformulierung der Zutatenlisten seitens der Hersteller zugunsten einer lukrativen Nährwertbewertung zu befördern.


Literaturverweise

  • https://www.efsa.europa.eu/de/news/added-and-free-sugars-should-be-low-possible
  • https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/stellungnahme/Konsensuspapier_Zucker_DAG_DDG_DGE_2018.pdf
  • https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/fett/?L=0
  • https://www.dge.de/wissenschaft/faqs/salz/#c2587
  • https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/nationale-verzehrsstudie-zusammenfassung.html
  • https://de.statista.com/themen/667/ernaehrung/
  • https://www.who.int/publications/i/item/9789241549028
  • https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/healthy-diet
  • https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/reduktionsstrategie/reduktionsstrategie-zucker-salz-fette.html
  • https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/zwischenbericht-reduktionsstrategie-zucker-salz-fette-nri.html