Nachbericht: Online-Forum Junge Eltern/Familie 2023
Kinderernährung in Bewegung – Teilhabe für alle: Wie erreichen wir junge Familien?

Vier Experten mit Moderator sitzen bei der Podiumsdiskussion im Halbkreis und diskutierenZoombild vorhanden

© KErn/Dietz

Gesunde Ernährung und Spaß an der Bewegung sind im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel: Denn wer bereits in jungen Jahren einen gesundheitsförderlichen Lebensstil einübt, lebt diesen meist auch als Erwachsener weiter. Doch wie lassen sich junge Eltern und Familien am besten auf diesem Weg unterstützen? Das Online-Forum Junge Eltern/Familie ging dieser Frage am 19. Oktober 2023 auf den Grund – und zeigte mit verschiedenen Vorträgen und einer Podiumsdiskussion Lösungswege auf.

Familien im Alter von 0-6 Jahren sind eine heterogene Zielgruppe. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sozial benachteiligte Familien eher ein ungünstiges Ernährungsmuster aufweisen und sich weniger bewegen. Hier ist der Bedarf an kompetenter Unterstützung und Förderung im Alltag besonders hoch.

Es gilt daher, junge Eltern frühzeitig zu informieren und entsprechend ihren persönlichen Bedürfnissen abzuholen. Doch wie kann das gelingen? Das Online-Forum Junge Eltern/Familie ging dieser Frage am Donnerstag, den 19. Oktober 2023 auf den Grund – und zeigte dabei nicht nur bestehende Angebote, sondern auch Lösungsansätze für aktuelle Problemstellungen auf. Als Moderator führte Dr. Malte Rubach vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) durch die Online-Veranstaltung, die knapp 400 Teilnehmende verzeichnen konnte.

Videobotschaft: Staatsministerin Kaniber eröffnete das Online-Forum


Das Grußwort zum Auftakt übernahm die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber. In ihrer Videobotschaft führte sie zunächst ins Thema ein und verwies auf die Relevanz der Bekämpfung von Ernährungsarmut .
Veronique Germscheid und Dr. Cornelia Stadlmayr am Rednerpult

Veronique Germscheid (links) und Dr. Cornelia Stadlmayr
© KErn/Dietz

Im Anschluss informierte Dr. Cornelia Stadlmayr vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Nördlingen-Wertingen über aktuelle Angebote in der Ernährungsbildung. Von der Schwangerschaft bis zum sechsten Lebensjahr stehen viele kostenlose Angebote für Eltern zum Thema Ernährung und Bewegung bereit, die sowohl online als auch in Präsenz verfügbar sind. Kitas werden mit Aktionen zum gesunden Frühstück und Pausenbrot oder Bewegungsangebote wie Wanderung mit Picknick und Besuchen auf dem Bauernhof angesprochen. Beworben werden die Angebote der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) vor allem durch Netzwerkpartner wie Familienstützpunkten, Volkshochschulen, Kommunen aber auch Kinderärzten und Hebammen.

Véronique Germscheid vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg beschäftigte sich mit der Gemeinschaftsverpflegung und der besonderen Gesundheitsverantwortung, die Einrichtungen in diesem Bereich tragen. In Workshops und Coaching-Angeboten erhalten Kitas und Schulen hier die optimale Unterstützung zum Erstellen eines nachhaltigen und gesundheitsförderlichen Speiseplans. Auch die Wertebildung mit der zentralen Frage „Wie wird gegessen?“ kommt dabei zur Sprache.

Soziale Faktoren der Ernährung

Dr-Juliane-Yildiz spricht am Rednerpult

Dr. Juliane Yildiz
© KErn/Dietz

Dr. Juliane Yildiz von der Justus-Liebig-Universität Gießen gab zu Beginn eine Beschreibung der Zielgruppe und stellte die soziale Ungleichheit im Ernährungs- und Bewegungsverhalten dar. In Deutschland sind ca. 15 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen – 2,2 Millionen Kinder sind armutsgefährdet. Das geringe Budget wirkt sich vielfach auf den Speiseplan aus, an dem oft als erstes gespart wird. Verzehrerhebungen zeigen, dass Familien mit geringerem sozioökonomischem Status im stärkeren Maße von den Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung abweichen als dies in Familien mit höherem sozioökonomischem Status der Fall ist. Sie sind dadurch häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen. Ein sozialer Gradient liegt außerdem beim gemeinsamen Frühstück und Abendessen vor.

Ein geringeres Haushaltsbudget zu haben bedeutet auch, dass die soziale Teilhabe eingeschränkt ist: So können sich Familien mit geringem Einkommen soziale Aktivitäten wie Kindergeburtstage, Vereinsmitgliedschaften oder Fahrten zu Veranstaltungen häufig nicht leisten. Dr. Yildiz plädiert am Schluss ihres Vortrages dafür, Lebenswelten gesundheitsförderlich zu gestalten, beispielsweise über eine kostenlose Kita- und Schulverpflegung, und Stigmatisierung zu vermeiden.

Kinder und Eltern mit aktiven Angeboten fördern

Dorota-Lazarski (links) im Gespräch mit Dr. Malte Rubach am Rednerpult

Dorota Lazarski (links) und
Dr. Malte Rubach © KErn/Dietz

Dorota Lazarski von der Plattform Ernährung und Bewegung (peb) stellte das Präventionsprogramm „Anfangsglück – Ernährung gemeinsam entdecken“ vor. Es zielt darauf ab, Ernährungskompetenzen von jungen Eltern zu fördern, die sonst durch individuelle Maßnahmen der Gesundheitsförderung kaum erreicht werden. Das Programm verfolgt den Settingansatz und bindet Akteurinnen und Akteure aus familiennahen Einrichtungen (Kitas, Familienzentren, Hebammen, Frühen Hilfen etc.) ein. Inhaltlich liegt der Fokus von Anfangsglück auf den ersten 1000 Lebenstagen (ab dem 1. Tag der Schwangerschaft bis zum 2. Geburtstag des Kindes), die entscheidend für die spätere Gesundheit und die Gewichtsentwicklung des Kindes sind. Die Pilotphase für 12 Monate startet im Februar 2024. Erprobte Programminhalte sollen ab Oktober 2025 dann in die Fläche übertragen werden. Das Team hinter Anfangsglück besteht aus 6 Frauen und ist interdisziplinär aufgestellt.

Karoline Thannhuber, Referentin im Netzwerk Junge Eltern/Familie und selbst Mutter von drei kleinen Kindern, zeigte in einem kurzen Filmbeitrag „Kinder an die Töpfe“, wie sich gemeinsam mit Kindern einfache Gerichte zubereiten lassen. Auch wenn es etwas zeitaufwändiger ist, zusammen mit Kindern zu kochen, bringt es viele Vorteile mit sich: Wenn Kinder mithelfen dürfen und eingebunden werden, sind sie eher bereit, neue Lebensmittel oder Geschmacksrichtungen zu probieren, sie lernen vieles über Lebensmittel und gewinnen Selbstvertrauen.

Aktivierung erforderlichYouTube-Logo

Durch das Klicken auf diesen Text werden in Zukunft YouTube-Videos im gesamten Internetauftritt eingeblendet.
Aus Datenschutzgründen weisen wir darauf hin, dass nach der dauerhaften Aktivierung Daten an YouTube übermittelt werden.
Auf unserer Seite zum Datenschutz erhalten Sie weitere Informationen und können diese Aktivierung wieder rückgängig machen.
Filmbeitrag „Kinder an die Töpfe“ von Karoline Thannhuber
Im anschließenden Interview gab sie weitere hilfreiche Tipps: von der Wahl einfacher Gerichte für die ganze Familie bis zum Kochen auf Vorrat. Die Verantwortung, was angeboten wird, liege bei den Eltern, so die Referentin. Wichtig sei es aber, die Bedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen. Wenn Kinder neue Lebensmittel ablehnen, sei zudem eine gewisse Gelassenheit ratsam. Eltern sollten sich generell immer ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und sich selbst ausgewogen ernähren, zum Beispiel mit regionalen Lebensmitteln.

Bewegung live erleben

Professor Dr. Christian Andrä zeigt eine Bewegungsübung und regt zum mitmachen an

Prof. Dr. Christian Andrä
© KErn/Dietz

Im Anschluss ging Prof. Dr. Christian Andrä, Professor an der Fachhochschule für Sport und Management in Potsdam, auf die wissenschaftlichen Hintergründe zum Bewegungsverhalten ein. So empfahl er beispielsweise, den Bewegungsaspekt stärker in die Ausbildungen von Pädagogen und Erziehenden zu integrieren. Zugleich könnten weitere Bewegungsanreize wie autofreie Zonen, Kampagnen in Medien oder Schilder in Treppenhäusern einen wertvollen Beitrag leisten. Ebenso seien Nudging, bewegtes Lernen oder Bewegungsspiele vielversprechende Ansätze – genauso wie generationsübergreifende Projekte wie die „bewegte Dorfrunde“. Mit der integrierten Bewegungskoordinationsschulung kam schließlich auch die praktische Anwendung nicht zu kurz – und regte die Teilnehmenden direkt live zum Mitmachen an.

In der Podiumsdiskussion mit allen Vortragenden flossen schließlich die Ergebnisse des Tages zusammen. Im offenen Dialog hatten dabei auch alle Teilnehmenden Gelegenheit, eigene Fragen zu diskutieren und weitere Impulse aus der Veranstaltung mitzunehmen. Zum Abschluss verabschiedete Ministerialrätin Marion Kratzmair (StMELF) die Runde. Besonderer Dank galt dabei dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) und der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 62, die das Forum organisiert haben.